Das Immunsystem

Unser Immunsystem

Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Komponenten unseres Immunsystems ist hochkomplex (Foto von shutterstock)

Mit sinkenden Temperaturen steigt nun wieder die Wahrscheinlichkeit eines respiratorischen Infektes. Unser Immunsystem versucht dem bestmöglich entgegenzuwirken. Doch es verteidigt uns nicht nur vor Eindringlingen wie Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten, sondern unterstützt uns etwa auch im Kampf gegen (immer wieder spontan entstehende) Krebszellen.

Dabei müssen die Immunzellen unterscheiden können, welche Zellen korrekterweise zu unserem Körper gehören und welche nicht (sonst könnte man eine sogenannte Autoimmunerkrankung entwickeln). Außerdem ist uns sehr geholfen, wenn der Körper nur gegen sogenannte Antigene (das sind Substanzen, die eine Immunreaktion hervorrufen) wie Bakterien oder Viren reagiert und nicht gegen eigentlich harmlose Substanzen (wie Hausstaub, Pollen oder Erdnüsse) mit einer Allergie antwortet.

Grob kann man ein angeborenes und ein erworbenes Immunsystem unterscheiden.

Die angeborene Abwehr funktioniert auch ohne vorherigen Kontakt mit einem Erreger.

Hier arbeiten beispielsweise sogenannte „Fresszellen“ (Phagozyten), die Eindringlinge verschlingen oder „natürliche Killerzellen“. Diese eliminieren z.B. von Viren befallene oder Krebszellen.

Beim erworbenen Immunsystem sind die Lymphozyten, eine Gruppe von weißen Blutkörperchen, ganz wesentlich beteiligt. Diese lernen in ihrer Reifung z.B. eigen von fremd zu unterscheiden oder können sich auch noch nach einiger Zeit an einen Erreger „erinnern“, wenn man früher bereits Kontakt hatte.

Die sogenannten „B-Lymphozyten“ produzieren etwa nach Kontakt mit einem Antigen neben Gedächtniszellen auch Plasmazellen. Plasmazellen produzieren für das Antigen ganz spezifische Antikörper, die dann z.B. wieder die oben genannten natürlichen Killerzellen unterstützen.

Die „T-Lymphozyten“ benötigen zu ihrer Aktivierung andere Immunzellen. Auch hier gibt es Untergruppen, etwa die „T-Killer-Zellen“ (wegen ihrer Oberflächeneigenschaften in der Zeichnung mit CD 8+ bezeichnet), die Krebszellen abtöten oder „T-Helfer-Zellen“ (CD 4+). Diese werden weiter unterschieden in „Th1“ (die die B-Lymphozyten bei der Antikörperbildung unterstützen) und „Th2“, die eher bei der Virusabwehr und Krebsbekämpfung wichtig sind.

Außerdem gibt es auch sogenannte „T-Suppressor-Zellen“, die unterstützen, dass Immunreaktionen auch wieder beendet werden.

Alle Komponenten des Immunsystems interagieren und wechselwirken durch diverse Botenstoffe ständig miteinander sowie mit dem Nerven- und Hormonsystem. Hochkomplex, was da tagtäglich in unserem Körper vor sich geht (meist vollkommen ohne, dass wir etwas davon mitbekommen).

Gut untersucht ist, wie Stress und Entspannung auf das Immunsystem wirkt. Hier hat sich ein eigener Forschungszweig, die „Psychoneuroendokrinologie“ entwickelt.

So konnte etwa herausgefunden werden, dass es in Stresssituationen durch vermehrte (dauerhafte) Cortisolausschüttung zu einer Verschiebung des Verhältnisses von Th1 zu Th2 Zellen in Richtung „mehr Th1 Zellen“ kommt. Das heißt, dass man tendentiell weniger Th2 Zellen zur Verfügung hat und eventuell anfälliger für Virusinfekte und Krebserkrankungen wird und es auch (aufgrund der Zunahme von Th1 Zellen) zu einer Allergieneigung kommen kann (da Allergien meist antikörpervermittelt sind).

Und was kann man eigentlich tun, um das Immunsystem zu unterstützen?

Es gibt einige, recht einfach umzusetzenden Maßnahmen, die dem Immunsystem helfen könnten, um möglichst infektfrei durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Oft gibt es zu den Themen allerdings nur wenige oder kleine Studien. Auch ist es bei manchen Themen (wie Entspannungstraining oder Kältetherapie) schwer möglich, sogenannte "verblindete" Studien zu machen, bei der die Placebogruppe nicht weiß, dass sie nur "Placebozuwendung" erhält.

Über effektive Allgemeinmaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen oder Vermeiden des unmittelbaren Kontakts zu offenbar infizierten Personen genauso wie großen Menschenmengen wurden wir ja in den letzten Monaten vermutlich ausreichend informiert, so dass ich darauf nicht länger eingehen will.

Grundlage eines guten Immunsystems ist natürlich eine gesunde, ausgewogene Ernährung, die uns mit wichtigen Vitaminen, sekundären Pflanzenstoffen, Mineralien und Spurenelementen versorgen. Vollkornprodukte, Obst, Gemüse stechen dabei besonders hervor. Auf eine ausreichende Trinkmenge (1,5-2 Liter, bei starkem Schwitzen entsprechend mehr), vorzugsweise mit Wasser oder ungezuckertem Tee sollte geachtet werden.

Es scheint so, dass Menschen, die regelmäßig Sport treiben, genauso häufig an Atemwegsinfekten erkranken wie „Couch-Potatoes“. Es gibt allerdings Hinweise, dass Dauer und Schwere der Infekte bei SportlerInnen geringer sind.

Aufpassen sollte man allerdings, dass man sich durch Dauer und/oder Intensitäten der Sporteinheiten nicht überfordert: hier kann ein „offenes Fenster“ entstehen, in dem es Erregern erleichtert wird, den Körper zu befallen, etwa nach Absolvieren eines Marathons.

Schlafmangel dürfte sich schon sehr schnell negativ auf unsere Abwehrkräfte auswirken; auch das Ansprechen auf Impfungen scheint bei Menschen mit zu wenig Schlaf vermindert. Das individuelle Schlafbedürfnis ist unterschiedlich, meist liegt es zwischen 7 und 9 Stunden und wird tendentiell unterschätzt. Durchschnittlich benötigen Frauen mehr Schlaf als Männer.

Dass chronischer Stress sich auf diverse Parameter des Immunsystems ungünstig auswirkt, ist vielfach gezeigt worden. Wesentlich weniger Untersuchungen gibt es leider zu Einflüssen von Entspannungsübungen, Imaginationstechniken, Hypnose etc. konkret auf die Erkrankungshäufigkeit- und schwere von Menschen. Kleinere Untersuchungen zeigen etwa, dass Senioren nach 8 Wochen Achtsamkeitstraining besser auf die Influenzaimpfung ansprechen.

Ob „Abhärtung“ mittels Kälteduschen oder auch regelmäßige Saunagänge einen wesentlichen Effekt haben, ist unzureichend geklärt. Menschen mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems sollten dies allerdings auch nur mit Vorsicht bzw. nicht ausprobieren.

Bei diversen Nahrungsergänzungsmitteln dürfte sich der Nutzen einer Einnahme (der über den Ausgleich eines Nährstoffmangels hinausgeht) eher in Grenzen halten. Zinkeinnahme kann vermutlich die Dauer einer Erkältung etwas verkürzen.

Falls Sie über das Geschrieben irritiert sind - die Datenlage stimmt auch nicht immer ganz mit meiner persönlichen Erfahrung überein. So erlebe ich persönlich beispielsweise Sport (vor allem im Freien) als sehr bedeutenden Schutz vor einer Verkühlung. Inwiefern allerdings Placeboeffekte, bei Maßnahmen, von denen wir überzeugt sind, eine Rolle spielen, ist letztendlich beim Individuum schwer zu beurteilen. Insofern macht es natürlich Sinn, zu für Sie „bewährten Mitteln“ zu greifen, so lange man dem Körper (z.B. durch Überdosierung oder zu intensives Training) nicht schadet.

So können uns viele dieser Maßnahmen wirkungsvoll unterstützen, gut durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Sie sollten meines Erachtens aber lediglich als Ergänzung und nicht als Ersatz für Impfungen, die uns in den allermeisten Fällen sehr effektiv und sicher vor diversen Infektionskrankheiten schützen, herangezogen werden!