Gendermedizin

Gendermedizin

Am 6. Juli startet die österreichische Damen-Fußballnationalmannschaft vor einer Kulisse von knapp 75.000 Zusehenden in die Europameisterschaft. Obwohl sich in letzter Zeit Einiges getan hat, verdienen Fußballerinnen üblicherweise noch immer um ein Vielfaches weniger als ihre männlichen Kollegen.

 

Auch in der Medizin sind Patientinnen oft benachteiligt.

Frauen unterscheiden sich einerseits natürlich körperlich von Männern (hormonell, in der Körperzusammensetzung,…) aber unterliegen auch anderen psychosozialen Einflussfaktoren (Beruf, Familie, gesellschaftliche Erwartungen, Ausbildung,…), die sich auf Gesundheit und Krankheit auswirken.

Trotzdem ist die Gendermedizin erst in den letzten Jahren in Schwung gekommen. Ich selbst kann mich nicht erinnern, darüber im Studium jemals unterrichtet worden zu sein.

Lange Zeit wurden Medikamente nur an Männern getestet und die Ergebnisse einfach auf Frauen übertragen. Und auch heute ist eine 50:50 Aufteilung in klinischen Studien kein Muss und nicht üblich.

In der klinischen Diagnostik kann dieses mangelnde Wissen ebenfalls Probleme machen. So klagen Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden viel seltener über „typische“ Symptome wie Brustschmerzen, leiden dafür etwa eher an Übelkeit oder starkem Schwitzen. Dadurch kommt es öfter zu Zeitverzögerungen oder gar Fehldiagnosen.

Doch auch Männer können – in geringerem Ausmaß - aufgrund mangelnder Wahrnehmung dieses Themas unter die Räder kommen. Hier werden wieder eher „frauentypische“ Erkrankungen wie Osteoporose übersehen.

Obwohl die Gendermedizin langsam Aufmerksamkeit gewinnt, wäre hier ganz im Sinne einer personalisierten Medizin wohl viel zu holen. So wurde etwa auch im Jahr 2021 noch in einer Analyse kritisiert, dass bei 4500 Studien zum Thema SARS-CoV-2 nur in 4 % auf geschlechtsspezifische Unterschiede eingegangen wurde – trotz des Wissens, dass Männer im Durchschnitt schwerer erkranken.

Um also beim Sport zu bleiben: vielleicht bräuchte auch die Medizin irgendwann eine Billie Jean King, die manch Festgefahrenes ins Wanken bringt. Um Patient*innen, egal, welches Geschlecht sie haben, die jeweils bestmögliche Therapie zukommen zu lassen.

Und bis dahin drücke ich den österreichischen Fußballdamen bei ihren Spielen die Daumen...