"Psychosomatisch - Ich bilde mir das doch nicht ein!"

Psychosomatik ist die Art und Weise wie wir funktionieren

Wir funktionieren immer "psychosomatisch"

Für viele Menschen hat die Aufforderung, ihre Beschwerden „psychosomatisch abklären“ zu lassen, einen sehr unangenehmen Beigeschmack.

Eigentlich sehr nachvollziehbar, schließlich kommt der Vorschlag oft von ÄrztInnen, wenn diese in der Abklärung bestimmter Symptome keine Ursache gefunden haben. Meist weiß man nicht genau, wie dieser Rat gemeint war (und ob er vielleicht auch manchmal aus einer gewissen ärztlichen Ratlosigkeit resultiert). Aber eigentlich ist das auch recht nebensächlich, weil ja der Inhalt einer Botschaft immer von den EmpfängerInnen bestimmt wird.
Und diese sind sehr oft nicht erfreut, zu hören, dass ihre Beschwerden „psychosomatischer Natur“ sind, weil dies bei Vielen so ankommt, als würden sie sich ihre Beschwerden „nur einbilden“.

Dabei ist mit Psychosomatik eigentlich eher eine sogenannte „ganzheitliche“ Betrachtungsweise gemeint, also, dass körperliche, psychische, aber auch soziale, kulturelle,… Faktoren und deren Einfluss auf Gesundheit und Krankheit berücksichtigt werden. Also vermutlich eine Haltung, die bei kaum einer Erkrankung schaden würde (auch wenn bei gravierenden Akutfällen sicher manches vernachlässigt werden kann und sollte).
Psychosomatik ist die Art und Weise, wie wir alle funktionieren“ heißt der Titel eines empfehlenswerten Buches – und das stimmt! Es ist vollkommen normal, dass wir beim Anblick einer zähnefletschenden Raubkatze, die ohne räumliche Abtrennung vor uns steht, unter anderem mit einem Blutdruckanstieg und einer erhöhten Muskelspannung reagieren. Genauso ist es gut und richtig, dass wir beim Geruch von Aas und Kot Ekel verspüren und keinen Appetit. Ebenso ist es adäquat, dass wir beim Anblick von potentiellen SexualpartnerInnen ins Schwitzen kommen, andere Themen an Wichtigkeit verlieren und bestimmte Körperregionen besser durchblutet werden.

Vermutlich ist aber „Psychosomatik“ tatsächlich kein besonders glücklich gewählter Begriff, weil Menschen ja den Körper („Soma“) als Erstes spüren – einfach weil dieser immer schneller ist. Deswegen hat der Hypnosystemiker Gunther Schmidt auch den Begriff „Somatopsychik“ erfunden – der Körper ist schneller (und effektiver als der bewusste Verstand) und reagiert meist sehr kompetent auf mögliche „Gefahren“ oder bestimmte Bedürfnisse.
Und es ist daher ganz sicher kein Zeichen von Einbildung, Schwäche oder Hypochondrie (um nur einige der Dinge zu nennen, die ich immer wieder höre), wenn der Körper auf bestimmte (äußere oder innere) Reizen in einer bestimmten (meist nicht erwünschten) Art und Weise reagiert.

Es wäre also durchaus sinnvoll, wenn dieser „ganzheitliche“ Blick auf Gesundheit und Krankheit selbstverständlich wird.